In den kommenden Jahren werden immer mehr Unternehmen in Europa gemäß der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) verpflichtet sein, die Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) anzuwenden – ein umfassendes Regelwerk, das zur Offenlegung und Minderung von Klimaauswirkungen dient.
Auch wenn der Standard ESRS E1 mit seinen detaillierten Anforderungen zur Erfassung von Scope-3-Treibhausgasemissionen überaus anspruchsvoll ist, lohnt sich der Aufwand für die Umsetzung aufgrund der weitreichenden Wirkung.
Durch eine transparente Offenlegung der Klimawirkung kann sich Ihr Unternehmen an den globalen Vorgaben für drastische Emissionssenkungen ausrichten. Wer frühzeitig agiert und eine starke Zielerreichung nachweisen kann, beweist Agilität, sorgt für langfristige Rentabilität und zieht voraussichtlich mehr Investitionen an. Wir bei AMCS nennen dieses zentrale Element „Performance Sustainability“.
Im Folgenden gehen wir näher auf die Einzelheiten des ESRS E1 ein und untersuchen, wie sich der Standard zu bekannten freiwilligen Berichtsstandards wie TCFD, GRI oder ISO 50001 verhält.
Was ist ESRS E1?
ESRS E1 Klimawandel ist einer von fünf Umweltstandards im ESRS-Regelwerk mit insgesamt zwölf Standards. Davon müssen Unternehmen nur über diejenigen berichten, die für ihre Geschäftstätigkeit wesentlich sind. Da jedoch fast jedes Produkt und jede Dienstleistung Treibhausgasemissionen verursachen, ist der E1-Standard für die meisten Unternehmen relevant.
Die Verpflichtung zur Berichterstattung über Scope-3-Treibhausgasemissionen (THG) umfasst 15 Kategorien von vor- und nachgelagerten Emissionsquellen, einschließlich der Emissionen der globalen Lieferkette. Bei den meisten Unternehmen stammen über 80 % ihrer Emissionen aus Scope-3-Quellen.
So lästig dies auch erscheinen mag, müssen Unternehmen, die auf eine ESRS E1-Offenlegung verzichten, diese Entscheidung mit einer ausführlichen Erklärung und einer vorausschauenden Analyse rechtfertigen, ob die Treibhausgasemissionen in Zukunft wesentlich werden.
Was beinhaltet die ESRS E1-Offenlegung?
Der ESRS E1 umfasst neun Themen, von denen jedes Offenlegungen in vier Bereichen erfordert: allgemeine Angaben, Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen sowie Parameter und Ziele. Im Folgenden betrachten wir diese neun Angaben des ESRS E1 im Detail.
E1-1 – Übergangsplan für den Klimaschutz
Sie müssen einen Plan zur Anpassung Ihres Geschäftsmodells vorlegen, um das Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen, die globale Erderwärmung bis 2050 auf 1,5 °C zu begrenzen. Dieses Ziel steht im Einklang mit wissenschaftlich anerkannten Zielen für ein sicheres Maß an Erwärmung.
E1-2 – Strategien im Zusammenhang mit dem Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel
In diesem Abschnitt werden die Maßnahmen für Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel dargelegt. Dazu zählen auch die Aufgaben von Verwaltungs-, Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen bei der Verfolgung Ihrer Klimaziele.
E1-3 – Messmethoden
Hier müssen Sie eine detaillierte Beschreibung der Methoden zur Messung der Treibhausgasemissionen Ihres Unternehmens vorlegen.
E1-4 – Maßnahmenpläne und Mittel für Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel
In diesem Abschnitt stellen Sie Ihre Ziele, Vorgaben, Investitionen und Pläne zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels vor.
E1-5 – Energieverbrauch und Energiemix
UnterEnergieverbrauch und Energiemix geben Sie den Anteil erneuerbarer und nicht erneuerbarer Energien an. Unternehmen sollten auch Informationen zur Energieintensität auf Basis der Nettoeinnahmen zur Verfügung stellen, um den Anforderungen an eine nachhaltige Finanzberichterstattung gerecht zu werden.
E1-6 – THG-Bruttoemissionen für Scope 1, 2 und 3
In diesem Abschnitt geben Sie die Treibhausgasemissionen Ihres Unternehmens nach Art und Umfang an.
- Art der Emissionen: Der Standard verlangt die Berichterstattung über die Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), Fluorkohlenwasserstoffe (HFC), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PCF), Schwefelhexafluorid (SF6) und Stickstofftrifluorid (NF3).
- Emissionsbereiche: Die ESRS-Berichterstattung über Emissionen in Scope 1, 2 und 3 entspricht den Empfehlungen des THG-Protokolls. S1-Emissionen stammen direkt aus dem Betrieb des Unternehmens, S2-Emissionen aus eingekaufter Energie und S3-Emissionen aus der Wertschöpfungskette.
- Gesamtemissionen: Zusätzlich zu diesen Angaben müssen Sie auch Ihre Gesamtemissionen angeben. Diese Anforderung gilt nur für den ESRS E1.
Für jeden Scope legt der ESRS zusätzliche Richtlinien fest:
- S1: Angabe des Anteils der S1-Emissionen, die unter regulierte Emissionshandelssysteme fallen, in %.
- S2: Bereitstellung von standort- und marktbezogenen Daten.
- S3: Emissionszuordnung, alle 3 Jahre zu aktualisieren, und Offenlegung des Prozentsatzes der verwendeten Primärdaten an. Unternehmen mit bis zu 750 Mitarbeitenden können im ersten Berichtsjahr (2024) auf die Offenlegung von Scope-3-Emissionen verzichten.
Berichterstattungsgrenzen: Die Berichterstattungsgrenzen sind 100 % der Emissionen von Gesellschaften, über die ein Unternehmen die finanzielle Kontrolle ausübt, und 0 % bzw. 100 % der Emissionen von Gesellschaften, über die das Unternehmen keine finanzielle Kontrolle ausübt, und Joint Ventures. Wenden Sie bei der Bestimmung des Prozentsatzes die Kriterien der operativen Kontrolle aus dem THG-Protokoll an.
E1-7 – Projekte zur CO2-Reduktion
Falls zutreffend, sollten Sie die CO2-Reduktionsprojekte Ihrer Organisation angeben, gemessen in Tonnen CO2-Äquivalent, einschließlich:
- THG-Abbau- und THG-Verringerungsprojekte, die über CO2-Gutschriften finanziert werden.
- THG-Abbau- und THG-Speicherung im Rahmend er eigenen Tätigkeit und innerhalb der Wertschöpfungskette.
- THG-Verringerungsprojekte, die über CO2-Gutschriften finanziert werden.
Bei Unternehmen mit einem Netto-Null-Ziel dürfen die Restemissionen nicht mehr als 5–10 % der Gesamtemissionen betragen. Sie sollten ihren Ansatz für diese Richtlinie erklären, im Sinne von „Vermeiden, reduzieren, kompensieren“.
E1-8 – Interne CO2-Bepreisung
Unternehmen mit internen CO2-Bepreisungssystemen sollten eine Beschreibung ihrer Methodik zur Festlegung des Preises beifügen und erklären, wie der Preis ihre Geschäftsstrategie beeinflusst.
E1-9 – Finanzielle Auswirkungen von klimabezogenen Risiken und Chancen
Zur Erfüllung dieser Anforderung müssen Sie sowohl für Ihre Finanzberichte als auch für darüberhinausgehende Berichte eine Bewertung der physischen Risiken und der Übergangsrisiken durchführen. Diese Bewertung sollte den Empfehlungen des TCFD entsprechen und mindestens zwei gegensätzliche kurz-, mittel- und langfristige Erwärmungsszenarien vergleichen.
Ihre Analyse sollte Folgendes umfassen:
- Betrag und Nettovermögenswert, der durch physische Klimarisiken und Übergangsrisiken gefährdet ist.
- Buchwert der Immobilien nach Energieeffizienzklassen.
- Potenzielle Verbindlichkeiten aus Emissionshandelssystemen und vertragliche Verpflichtungen zum Kauf von Emissionsgutschriften in der Zukunft.
- Anteil der Nettoeinnahmen aus Geschäftstätigkeiten mit physischem Risiko und Übergangsrisiko.
- Anteil der voraussichtlichen finanziellen Risiken, die durch Übergangspläne abgedeckt sind.
Allgemeine Angaben im Zusammenhang mit dem ESRS E1
Zusätzlich zu den neun oben beschriebenen ESRS E1-Angaben sind weitere klimabezogene Offenlegungen erforderlich:
- OP 2-Gov-3: Bericht über die Einbeziehung der nachhaltigkeitsbezogenen Leistung in Anreizsysteme des Unternehmens.
- OP 2-SBM-3: Bericht über wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen und ihr Zusammenspiel mit Strategie und Geschäftsmodell des Unternehmens.
- OP 2-IRO-1: Beschreibung des Verfahrens zur Ermittlung und Bewertung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen.
Unterschiede zwischen dem ESRS E1 und der freiwilligen Klimaberichterstattung
Der ESRS E1 ist derzeit der weltweit strengste Standard für klimabezogene Berichterstattung, seine Entwicklung erfolgte jedoch nicht isoliert. Viele der E1-Anforderungen stammen aus freiwilligen ESG-Rahmenwerken und -Standards, die von Unternehmen auf der ganzen Welt bereits angewendet wurden.
Zudem stimmen zahlreiche Anforderungen direkt mit der Task Force on Climate Related Financial Disclosures (TCFD) überein. TCFD ist ein freiwilliges Rahmenwerk, das 2015 vom Financial Stability Board ins Leben gerufen wurde, um Unternehmen bei der Analyse von mit dem Klimawandel verbundenen wirtschaftlichen Risiken zu unterstützen. TCFD umfasst Empfehlungen zur Emissionsquantifizierung nach Kategorien, die sich auf das THG-Protokoll stützen, das 1998 als Methode für die Kohlenstoffbilanzierung entwickelt wurde.
Dass der ESRS E1 eine enge Anlehnung an etablierte freiwillige Berichtsstandards ermöglicht, ist kein Zufall: Der Standard wurde gezielt auf Interoperabilität ausgelegt. Dies gelingt insbesondere durch den Ansatz der doppelten Wesentlichkeit, der sowohl Klimaauswirkungen als auch finanzielle Effekte berücksichtigt. So ist der ESRS E1 vereinbar mit der Global Reporting Initiative, die sich mit der Wirkung eines Unternehmens auf die Gesellschaft befasst, sowie mit den International Financial Reporting Standards (IFRS), die sich auf finanzielle Auswirkungen nichtfinanzieller Themen konzentrieren. Einen direkten Vergleich zu den IFRS bietet der Anhang von EFRAG.
Durch seinen Managementsystem-Ansatz für die Umsetzung von Veränderungen im gesamten Unternehmen steht der ESRS E1 auch mit ISO 50001 und ISO 14068 im Einklang. Diese Normen legen einen Schwerpunkt auf jährliche Leistungsverbesserungen und Strategien für das Änderungsmanagement, die solide Messmethoden und eine klare Zuweisung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten beinhalten.
Die Herausforderung des ESRS in eine Chance verwandeln
Der ESRS E1 stellt für viele Unternehmen eine große Herausforderung dar, bietet aber auch enorme Chancen. Neben dem offensichtlichen gesellschaftlichen Nutzen durch die Verringerung der Klimaauswirkungen spricht ein wirksames Anpassungsvermögen an ökologische Anforderungen für die Zukunftsorientierung und Agilität eines Unternehmens – wichtige Voraussetzungen für Leistung, Erfolg, Wachstum und den Schutz unseres Planeten.
Unabhängig davon, ob Ihre Organisation ab 2024 oder später zur Berichterstattung gemäß CSRD verpflichtet ist, empfiehlt es sich, die im ESRS E1 festgelegten Richtlinien anzuwenden. Möglicherweise stellen Sie bereits einen Großteil der Informationen für einen alternativen Standard zusammen. Um unnötige Doppelarbeit zu vermeiden und sicherzustellen, dass alle Aspekte abgedeckt sind, kann Ihnen eine Softwarelösung wie die AMCS ESG Solution die Berichterstattung erleichtern und ein effektives Personal- und Ressourcenmanagement sicherstellen.
Wenn Ihr Unternehmen voraussichtlich von der CSRD und den ESRS E1-Angabepflichten zum Thema Klima betroffen sein wird, ist es jetzt an der Zeit, die entsprechenden Informationen zu erfassen. Sprechen Sie noch heute mit einem AMCS Berater.