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Wäre es nicht ausgezeichnet, einen hochkomplexen unternehmensinternen Prozess auf einer einzigen DIN A4-Seite abzubilden? Verantwortliche für Risiko-, Qualitäts- und Umweltmanagement wären in der Lage, wichtige Prozessparameter und Wechselwirkungen zu erkennen. Auf dieser Grundlage könnten sie sowohl die interne Zusammenarbeit als auch die Qualität der Ergebnisse verbessern, die Effizienz steigern und zur Nachhaltigkeit beitragen. Klingt gut? Ist es auch – und es ist in greifbarer Nähe! Dank des Turtle-Diagramms. 

Was ist ein Turtle-Diagramm? 

Das Turtle-Diagramm ist im Wesentlichen eine grafische Darstellung eines Prozesses. Es bietet einen klaren Überblick, der sowohl Vorgesetzten als auch Mitarbeitenden hilft, einen bestimmten Prozess zu verstehen, einschließlich der verschiedenen Prozessparameter und ihrer Wechselwirkungen. Damit ist es eine hervorragende Methode für langfristiges Prozessmanagement und systematisches Risikomanagement. 

Die drei wichtigsten Anwendungsbereiche für Turtle-Diagramme: 

  • Prozessabbildung 
  • Prozessanalyse 
  • Risikoanalyse 

So erstellen Sie ein Turtle-Diagramm 

Wie der Name schon sagt, ähnelt das Turtle-Diagramm dem Körper einer Schildkröte. Der Kopf stellt den Input, z. B. Materialien oder Informationen, und der Schwanz den Output eines Prozesses dar. Die vier Beine stehen für die Faktoren, die den Prozess beeinflussen, wie Arbeitsmittel, Personal und Informationen. Mit dieser vereinfachten Prozessanalysemethode lassen sich schnell und unkompliziert alle relevanten Parameter Ihrer Unternehmensprozesse ermitteln und darstellen. 

Im Gegensatz zu komplexen Prozesslandschaften ermöglichen Turtle-Diagramme eine strukturierte Analyse von spezifischen Prozessen. Daher sind sie für die Mitarbeitenden sofort leicht zu verstehen. Sie dienen nicht nur dazu, einzelne Prozesse zu definieren, zu analysieren, zu strukturieren und zu optimieren, sondern zeigen auch die Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen Prozessen. Aus diesen Gründen haben sich Turtle-Diagramme als Methode zur Steigerung des Prozessbewusstseins und als visuelle Hilfe bei Mitarbeitergesprächen etabliert. 

  • Kopf 

In diesem Abschnitt wird der Input festgelegt, der für die Produktion des Outputs erforderlich ist. Dazu können Dokumente wie ein Arbeitsauftrag, Materialien wie das Inventar oder Informationen wie die Stückliste gehören. 

  • Vorderes rechtes Bein 

Hier werden die verwendeten Ressourcen beschrieben, darunter materielle Ressourcen, Infrastruktur wie Maschinen, Arbeitsmittel und Werkzeuge, sowie die Arbeitsumgebung. 

  • Vorderes linkes Bein 

An dieser Stelle stehen die mit dem Prozess verfolgten Ziele sowie die Kennzahlen und Leistungsindikatoren, die zur Messung herangezogen werden. 

  • Bauch der Schildkröte

Hier benennen Sie den zu untersuchenden Prozess und die wichtigsten Prozessschritte. Sie können auch a) die für den Prozess verantwortlichen Personen und b) die Risiken und Chancen des Prozesses angeben. 

  • Hinteres rechtes Bein

In diesem Abschnitt geht es um die „Wer-“Frage mit Fokus auf den Prozessverantwortlichen und den Fähigkeiten, Kompetenzen und Schulungen, die sie für die erfolgreiche Durchführung des Prozesses benötigen. 

  • Hinteres linkes Bein

Hier werden die Methoden, Anweisungen und Verfahren festgelegt, die während des Prozesses anzuwenden sind. 

  • Schwanz der Schildkröte

Hier wird der Output beschrieben, also das Ergebnis, das Produkt oder die Informationen, die durch den Prozess bereitgestellt werden. 

Beispiel: Verwendung des Turtle-Diagramms für „Wartung und Instandhaltung“ 

Um einen Prozess mithilfe des Turtle-Diagramms zu analysieren, müssen Sie zunächst den zu analysierenden Prozess selbst und sein Ziel definieren. Anschließend listen Sie alle relevanten Ressourcen auf. Außerdem sollten Sie Indikatoren zur Bewertung des Prozesses, Informationen zu Vorschriften und Normen sowie alle Risiken, die den Erfolg des Prozesses gefährden könnten, und die mit dem Prozess verbundenen Chancen notieren.

Zur Vereinfachung können Sie das Turtle-Diagramm zunächst in einer 3x3-Tabelle abbilden. Im Beispiel „Wartung und Instandhaltung“ könnte die Tabelle folgende Punkte enthalten: 

 

Ressourcen 

Tools, IT 
Womit? 

Prozessverantwortliche 

Technologie- und Wartungsmanager 

 

Teilnehmende 

Mitarbeitende aus den Abteilungen Instandhaltung und Wartung, Produktion und Einkauf 
Wer? 

Input 

Fehlermeldungen, Benachrichtigungen von Mitarbeitenden 
Was? 

Ziel 

Regelmäßige Inspektionen von Maschinen und Anlagen; Reparaturen und vorbeugender Austausch von Maschinenteilen 

Output 

Sichere und funktionierende Arbeitsmittel und Maschinen 
Was? 

Indikatoren 

Ausfallzeiten, Maschinenstillstand 
Wozu? 

Risiken/Chancen 

Sichere Prozesse, weniger Ausfallzeiten und weniger Arbeitsunfälle 

 

Informationen 

Wartungsplan, Betriebs- Verfahrens- und Arbeitsanweisungen 
Wie? 

 

 

 

 

Danach können Sie diese Informationen in das Diagramm einfügen:

Vor- und Nachteile des Turtle-Diagramms 

Natürlich ist das Turtle-Diagramm nicht in jeder Situation geeignet. Im Folgenden sind einige der wichtigsten Vor- und Nachteile des Formats aufgeführt. 

 

Vorteile Nachteile 

Vereinfachte Darstellung eines Prozesses innerhalb eines Unternehmens 

Nur ein untersuchter Prozess pro Turtle-Diagramm 

Hohes Maß an Transparenz über die Prozessparameter 

Aufwand für die Analyse der zugehörigen Prozessketten ist meist höher

Verdeutlicht Abhängigkeiten und Schnittstellen 

Einzelne Turtle-Diagramme müssen miteinander verbunden und in Beziehung gesetzt werden

Mitarbeitende gewinnen wichtige Erkenntnisse durch systematische Untersuchung von Teilprozessen 

Die sehr knappe Visualisierung lässt keine Option für detaillierte Beschreibungen, die eine differenzierte Prozessoptimierung in verschiedenen Teilbereichen ermöglichen würden

Ideal für Audits 

 

 

 

Das Turtle-Diagramm im Qualitätsmanagement nutzen 

Die Verbesserung der Prozesseffizienz spielt im Qualitätsmanagement eine wichtige Rolle. Warum? Weil Qualität bedeutet, dass der Output Ihres Unternehmens den festgelegten Kundenanforderungen entspricht. Das Turtle-Diagramm trägt dazu bei, indem es die Faktoren, die den Output beeinflussen, klar verdeutlicht. 

Die internationale Norm für Qualitätsmanagementsysteme ISO 9001 fordert daher von Unternehmen einen prozessorientierten Ansatz, d. h. die systematische Definition und Steuerung von Prozessen und ihren Abhängigkeiten, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Im Fall eines Qualitätsmanagementsystems nach ISO 9001 bedeutet dies: Qualität durch Erfüllung der Kundenanforderungen. 

Die Norm verlangt nämlich, dass Sie die Management-, Kern- und Unterstützungsprozesse und die entsprechenden Prozessparameter für das Qualitätsmanagementsystem bestimmen und definieren. Zu diesen Parametern gehören die folgenden Punkte, die Sie aus dem Turtle-Diagramm wiedererkennen werden: 

  • Erforderliche Inputs und erwartete Ergebnisse von Prozessen 
  • Prozessabläufe und Abhängigkeiten 
  • Kriterien und Verfahren zur effektiven Umsetzung und Kontrolle von Prozessen 
  • Ressourcen und ihre Verfügbarkeit 
  • Zuständigkeiten und Befugnisse 
  • Risiken und Chancen 

Es ist wichtig, diese Prozessparameter zu bestimmen, anzuwenden, zu bewerten und zu verbessern. Dies ermöglicht die Evaluierung und Optimierung von Prozessen sowie die Umsetzung von Änderungen. 

Interessanterweise spielt die Prozessorientierung auch in der Qualitätsmanagementnorm für die Automobilindustrie ISO/TS 16949 eine ähnliche Rolle. Sowohl diese Norm als auch die Norm ISO 9001 verlangen von den Unternehmen die Umsetzung der Prozessorientierung. Es steht den Unternehmen frei, wie sie die Prozessanalyse durchführen und in Audits nachweisen, die Turtle-Methode ist allerdings ein besonders geeignetes Instrument. 

Das Turtle-Diagramm für Energie-, Umwelt- und Arbeitssicherheitsmanagement nutzen 

Neben dem Qualitätsmanagement kann das Turtle-Diagramm auch eine wirksame Methode für andere Managementsysteme sein. Die Normen ISO 14001, ISO 50001 und ISO 45001 verfolgen alle einen prozessorientierten Ansatz mit dem Ziel, Prozesse zu definieren, zu planen und zu kontrollieren, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.  

Bei einem Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 ist das gewünschte Ergebnis beispielsweise eine Verbesserung der Umweltleistung, ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 strebt eine Steigerung der Energieeffizienz an und ein Arbeitsschutzmanagementsystem nach ISO 45001 dient der Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeitenden. 

Für jeden dieser Bereiche besteht der erste Schritt darin, alle wichtigen Prozesse zu definieren und sie in einem Prozessüberblick zusammenzustellen. Es ist wichtig, Kriterien für alle Prozesse zu definieren, die sich auf die Umweltleistung, die Energieleistung oder die Arbeitssicherheit auswirken oder diese beeinflussen. Für diese Aufgabe der Prozessdefinition und -analyse eignet sich das Turtle-Diagramm hervorragend. Die Ergebnisse können in einer Verfahrensanweisung dokumentiert werden, die dann allen Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt wird. 

Nachhaltigkeit auf der Grundlage von Prozessverbesserungen fördern 

Das Turtle-Diagramm ist eine effiziente Methode, um einen Prozess abzubilden und Risiko- und Prozessanalysen durchzuführen. Die übersichtliche Darstellung aller Parameter sowie deren Zusammenhänge und Abhängigkeiten schafft Transparenz für alle Beteiligten. Viele internationale Standards verlangen zudem, dass Sie einen prozessorientierten Ansatz verfolgen. Das Turtle-Diagramm ist eine praktische und aufschlussreiche Methode zur Umsetzung dieses Ansatzes und eine nützliche Beweisquelle bei Audits. 

Damit legt das Turtle-Diagramm den Grundstein für eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen und unterstützt Maßnahmen zum Prozessmanagement, zur Kostensenkung und Prozessoptimierung – allesamt grundlegende Faktoren für die Steigerung der Rentabilität und Nachhaltigkeit Ihres Unternehmens.  

Wir laden Sie ein, mehr über die AMCS EHS Solution zu erfahren. Kontaktieren Sie uns gern für eine Beratung. Alternativ können Sieeine kostenlose Demo anfordern, um zu sehen, wie unsere Lösung Ihre HSE-Aufgaben optimiert.   

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